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Sommersemester 2012

Kolloquium zur Geschichte
der Naturwissenschaften

Meilensteine aus 100 Jahren Forschung
an der Hamburger Sternwarte in Bergedorf

organisiert von Gudrun Wolfschmidt und Matthias Hünsch

Flyer Programm 2012

1. und 3. Mittwoch im Monat - Vortrag um 20 Uhr
in der Hamburger Sternwarte,
Gojenbergsweg 112, 21029 Hamburg-Bergedorf.

Ab 19 Uhr sind Café und Ausstellung im neuen Besucherzentrum geöffnet!


Die Vortragsreihe Meilensteine steht im Rahmen des 100jährigen Jubiläums der Hamburger Sternwarte. Die Vorträge in der Sternwarte finden jeweils am 1. und 3. Mittwoch im Monat um 20 Uhr statt. Bitte besuchen Sie ab 19 Uhr das Café ,,Raum & Zeit"' und die Ausstellung ,,Mensch + Himmel" des Besucherzentrums ,,SternwarteHH". Nach dem Vortrag gibt es Gelegenheit zu einer kurzen Führung durch die Sternwarte und Beobachtung (abhängig von Wetter und Dunkelheit).

Bei den Vorträgen im Geomatikum geben Referenten und Referentinnen Arbeitsberichte über den augenblicklichen Stand ihrer Forschungen. Dabei liegt der Akzent weniger auf den Ergebnissen als vielmehr auf der Vielfalt ihrer Ansätze. Soweit die finanziellen Mittel es erlauben, werden auch auswärtige Vortragende eingeladen. Allen denen, die im Fach Geschichte der Naturwissenschaften arbeiten, insbesondere promovieren wollen, ist die Teilnahme dringend anzuraten.



21. März 2012


4. April 2012


18. April 2012


2. Mai 2012


16. Mai 2012


6. Juni 2012 * Venustransit


20. Juni 2012


4. Juli 2012


18. Juli 2012



Inhaltsangabe der Vorträge

Gudrun Wolfschmidt

PDF-Files, erstellt von Frau Anette Müller




21. März 2012
Dr. Jochen Schramm (Hamburg)
Der Große Hamburger Schmidtspiegel


Der Hamburger Schmidtspiegel in Bergedorf und in Calar Alto (seit 1975)
Der Schmidtspiegel gehört zu den genialen Erfindungen in der Astronomie. Der einarmige Astrooptiker Bernhard Schmidt hatte 1929 die Idee eines lichtstarken komafreien Spiegelteleskops und baute einen Prototyp an der Hamburger Sternwarte. Großflächige verzerrungsfreie Fotografien des Himmels wurden auf einmal möglich, wo vorher schon knapp neben der optischen Achse längliche Bilder entstanden.
Schon bald nach Schmidts Erfindung wollte die Hamburger Sternwarte ein großes Schmidtspiegelteleskop bauen und damit Pionier der überdeckenden Himmelsfotografie werden. Doch der Krieg verhinderte die frühzeitige Realisierung und der Große Mount Palomar Schmidt machte das Rennen. Der Große Hamburger Schmidtspiegel wurde dennoch gebaut, als eines der wenigen Ost-West-Geschäfte. Nach der Fertigstellung 1951 rannte er der Zeit hinterher. Die Lichtverschmutzung Hamburgs vertrieb das Instrument nach Spanien und auch dort gab es nur noch weniges zu tun. Die digitale Welt raubte dem Großen Schmidt nun zunehmend die Astronomen, die noch mit ihm arbeiten wollten.
Dennoch, der Große Hamburger Schmidtspiegel ist ein großartiges Instrument basierend auf den Ideen eines großartigen Erfinders.



4. April 2012
Dipl.-Ozeanograph Detlev Machoczek (Hamburg, BSH)
Zeitdienst und Zeitball


Hamburger Zeitball und Pendeluhr Deutsche Seewarte
Lange Zeit war es nicht möglich, die genaue Position eines Schiffes auf hoher See zu bestimmen, denn für die Längenbestimmung benötigte man die genaue Zeit. Hochgenaue Pendeluhren, wie sie die Astronomen an Land benutzten, konnten auf See nicht eingesetzt werden. Dem schottischen Tischler und autodidaktischen Uhrmacher John Harrison (1693-1776) gelang 1759 mit dem Bau seiner als H4 bekannten mechanischen Uhr endlich der Durchbruch. Seine Uhr zeigte sich allen Anforderungen gewachsen.
Optische Signale, sogenannte Zeitbälle, eine Erfindung des englischen Marineoffiziers Robert Wauchope (1788-1862), ermöglichten es in Häfen, die über eine solche Einrichtung verfügten, den Abgleich der Schiffschronometer mit der exakten Zeit direkt auf den Schiffen vorzunehmen.
Am 16. September 1876 wurde in Hamburg ein Zeitball in Betrieb genommen. Die Kontrolle des Balles erfolgte durch die Hamburger Sternwarte am Millerntor. Sie steuerte auch die Zeitbälle in Cuxhaven und Bremerhaven. Bis zur Außerdienststellung 1934 blieb die Hamburger Sternwarte für die Bereitstellung der exakten Zeit dieser Station zuständig, während die Deutsche Seewarte (DS), die nach dem Ersten Weltkrieg die Aufgaben des Zeitdienstes des Marinobservatoriums Wilhelmshaven übernommen hatte, nun alle verbliebenen Zeitbälle steuerte. Für einige Zeit während des Krieges hatte die Hamburger Sternwarte sogar alle Aufgaben des Zeitdienstes übernommen.
Die DS baute ihren Zeitdienst entsprechend den Anforderungen der Schifffahrt weiter aus. Quarzgesteuerte Zeitmessung hielt ihren Einzug. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm das Deutsche Hydrographische Institut (DHI) die Aufgaben der DS. In den ersten Nachkriegsjahren fand der Zeitdienst ein Unterkommen in den Gebäuden der Hamburger Sternwarte in Bergedorf, bevor der Neubau über den Landungsbrücken bezogen werden konnten. 1964 wurde die erste bewegliche Atomuhr in Betrieb genommen. Mit der Übergabe der Aufgaben zur Zeitmessung an die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig wurde der Zeitdienst im DHI 1985 aufgelöst.



18. April 2012
Prof. Dr. Dieter Reimers (Hamburger Sternwarte)
Hamburg-Bergedorf: Sitz der Zentrale der Europäischen Südsternwarte (ESO) von 1963 bis 1975


Die ESO geht - nach einer Anregung von Walter Baade - auf eine Initiative von führenden europäischen Astronomen während einer Tagung in Groningen im Sommer 1953 zurück. Geplant war zunächst eine Sternwarte in Südafrika ausgerüstet mit Teleskopen mit 1m und 3m Spiegeldurchmessern sowie einem 1.2m Schmidtteleskop mit dem Ziel, den Teil des Himmels zu erschließen, der von Kalifornien aus nicht zugänglich war, insbesondere das galaktische Zentrum und die Magellanschen Wolken.
Die Entwicklung verlief zunächst zäh, weil Frankreich wegen der Instabilität seiner IV. Republik und des Algerienkrieges erst ab 1959 bereit war, eine Gründung mittels eines Staatsvertrages (ESO Konvention) mit zu tragen, während Großbritannien schon in den 50er Jahren eine Entscheidung zugunsten einer Commonwealth- Sternwarte in Australien fällte.
So kam es erst im Oktober 1962 zur Unterzeichnung der ESO Konvention durch die Länder Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande und Schweden, die bis Anfang 1964 durch die Parlamente der Mitgliedsländer ratifiziert wurde.
Bergedorf wurde von 1963 bis 1975 erster Sitz der ESO Zentrale, weil Otto Heckmann, der erste ESO Generaldirektor ab 1.11.1962, die Organisation von seinem Wohnort Bergedorf aus (zunächst sogar von seiner Wohnung aus) führen wollte. Otto Heckmann widmete die letzten 7 Jahre seiner Karriere (nach seiner vorzeitigen Emeritierung) mit Energie und unermüdlichem Einsatz von Bergedorf aus dem Aufbau der ESO in Chile. Die Entscheidung für Chile als Standort der ESO ist erst 1963 von Otto Heckmann durchgesetzt worden. Der Vortrag beschreibt die Entwicklung der ESO bis 1975.



2. Mai 2012
Manfred Holl (GvA Hamburg, Förderverein Hamburger Sternwarte e.V.)
Max Beyer und das Äquatorial


Max Beyer (1894-1982), sein Teleskop im Dachobservatorium in Hamburg-Hamm und das Äquatorial der Hamburger Sternwarte in Bergedorf
Auf dem Sternwartengelände etwas abseits, beim tonnenförmigen Meridianhaus, stehend befindet sich in der kleinen Kuppel das älteste Instrument der Bergedorfer Sternwarte: das Äquatorial. Dabei handelt es sich um das größte Teleskop dieser Art weltweit mit einer Öffnung von 26cm und einer Brennweite von 3m. Seinen Namen verdankt es aber der Montierung, auf der der Refraktor sitzt. Bis Ende des 18. Jahrhunderts waren azimutal montierte Fernrohre im Gebrauch, bis erstmals parallaktische (äquatoriale, auch äquatoreale) Montierungen aufkamen. Diese ermöglichten mit Hilfe von Ablesemikroskopen und anderen Visureinrichtungen Positionsbestimmungen von Sternen - eine klassische Aufgabe der Astronomie - auch außerhalb des schmalen Meridianstreifens. Allerdings erreichte man mit diesem Instrument nie die Genauigkeit, wie mit einem klassischen Meridianfernrohr und so entbehrt der heutige Standort im Schatten des Meridianhauses nicht einer gewissen Ironie, denn nach dem Umzug vom Millerntor zum Gojenberg verfiel das Hamburger Äquatoreal in eine Art Dornröschenschlaf, aus dem es erst 1946 wieder erwachte.
Max Beyer (1894-1982), Berufsschullehrer und begeisterter Amateurastronom, konnte dank herausragender beobachterischer Fähigkeiten (er entdeckte den nach ihm benannten Kometen C/1930 E1 fotografisch auf der Sternwarte von Wilhelm Gummelt (†1937?) in Groß-Borstel und galt schon damals als äußerst fähiger Beobachter mit vielen präzisen visuellen Messungen an Kometen und Veränderlichen Sternen) und guten Beziehungen zur Sternwartenleitung von 1946 bis 1977 das Äquatoreal für seine Beobachtungen nutzen. Beyer war zeitlebens kein Berufsastronom, aber Amateur mit professionellem Anspruch, der sogar für einige Zeit eine eigene Wohnung auf der Sternwarte hatte. Legendär ist auch der zusammen mit Kasimir Graff (1878-1950), Fachastronom in Bergedorf, erstellte Beyer-Graff-Sternatlas, dessen Sterne bis zur 9. Größe reichte und der immerhin bis 1950 in drei Auflagen erschien. Später wurde Beyer vielfach ausgezeichnet, 1951 ihm die Ehrendoktorwürde der Hamburger Universität verliehen und später der Asteroid (1611) Beyer nach ihm benannt.



16. Mai 2012
Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt (Geschichte der Naturwissenschaften, Universität Hamburg)
Otto Heckmanns Aktivitäten in der Sonnenphysik im Zweiten Weltkrieg


Sonnenbau in der Hamburger Sternwarte (1942)

Otto Heckmann (1901-1983)
Um die Vorhersagen für Funkstörungen aufgrund der Sonnenaktivität zu verbessern, schlugen die Göttinger Astronomen Otto Heckmann (1901-1983) und Karl-Otto Kiepenheuer (1910-1975) mit Hinweis auf die Kriegswichtigkeit ein Netz von Sonnenobservatorien vor. Dies führte zu Beginn der 1940er Jahre im damaligen "Deutschland" zu einem erstaunlichen Aufschwung der Sonnenphysik. Das Reichsluftfahrtministerium finanzierte während des Zweiten Weltkrieges ab 1940 die Errichtung von sechs Sonnen-Observatorien (Wendelstein, Göttingen Hainberg, Zugspitze, Kanzelhöhe Kärnten, Schauinsland bei Freiburg und Syrakus in Sizilien). Die Zentrale lag zunächst in Göttingen, dann ab 1943 in Freiburg.
In Hamburg, wo Heckmann schließlich 1942 Direktor wurde, errichtete man Anfang der 40er Jahre den Sonnenbau, ein horizontales Sonnenteleskop, speziell zur Sonnenbeobachtung. Erstmals seit Hale (1913) begannen Kiepenheuer in Freiburg und Georg Thiessen (1914-1961) in Hamburg von 1942 bis 1944, das allgemeine Magnetfeld der Sonne zu messen - Messungen, die Thiessen nach dem Krieg in Hamburg mit dem Sonnenbau fortsetzte.
Die während des Zweiten Weltkrieges geleistete Arbeit wurde in der wissenschaftlichen Welt, in der Scientific Community, geschätzt, das Ziel der Luftwaffe dagegen, nämlich eine langfristige Funkstörungsvorhersage, wurde nicht erreicht. So konnte nach dem Krieg die Arbeit kontinuierlich fortgesetzt werden und führte in den 1950er Jahren zu internationaler Kooperation.





6. Juni 2012 * Venustransit
PD Dr. Matthias Hünsch (Förderverein Hamburger Sternwarte - FHS)
Geschichte der Venus-Transits


Venus-Transit-Karte (Fred Espenak - NASA/Goddard Space Flight Center)
Venus-Transit (2004) und Beobachtung in Punta Arenas, Chile (1882)
Zu den seltensten Himmelsereignissen überhaupt zählt ein Durchgang des Planeten Venus vor der Sonnenscheibe, ein sogenannter Venustransit. Dies passiert nur, wenn Sonne, Venus und Erde praktisch in einer perfekten geraden Linie stehen. Aufgrund der genauen Umstände der Bahnen von Venus und Erde finden immer zwei Venustransits im zeitlichen Abstand von 8 Jahren jeweils alle 105 bzw. 122 Jahre statt. Nach dem Ereignis vom 8. Juni 2004 ist der Transit vom 6. Juni 2012 der zweite dieses Jahrhunderts. Kein lebender Mensch wird jemals einen weiteren Venustransit beobachten können.
Im Vergleich zu dem Ereignis vor 8 Jahren sind diesmal die Bedingungen ungünstiger, da der Transit bereits im Gange ist, wenn die Sonne aufgeht. Um 06:49 h MESZ verlässt die Venus wieder die Sonnenscheibe. Während des Vorübergangs ist sie als kleines schwarzes Scheibchen schon ohne optische Hilfsmittel mit dem bloßen aber lichtgeschützten Auge zu erkennen.
Historisch haben die Venustransits eine sehr große Bedeutung für die exakte Entfernungsmessung innerhalb des Sonnensystems. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde große Expeditionen unternommen, um das Himmelsereignis von möglichst vielen Orten auf der Erde beobachten zu können - nicht immer von Erfolg gekrönt.
Im Vortrag wird die interessante Historie dieser ersten internationalen astronomischen Forschungsreisen beleuchtet. Ein Bezug zur aktuellen Wissenschaft besteht in der Transitmethode zur Entdeckung extrasolarer Planeten, die ebenfalls zur Sprache kommen wird.



20. Juni 2012
Dipl.-Phys. Carsten Busch (Geschichte der Naturwissenschaften, Universität Hamburg)
"Think big": Einsteins Gravitationslinsen, Sjur Refsdal und die Hamburger Sternwarte in Bergedorf

Links: Der Mensch Sjur Refsdal (aufrecht) (Quelle: Prof. Dr. Thomas Schramm, HafenCity Universität Hamburg, privat)
Rechts: "Zwillingsquasar": Zwei Bilder eines einzigen Quasars, der sich mehrere Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. (Quelle: NASA)

In unserer Vorstellung breiten sich Lichtstrahlen geradlinig aus, schließlich können wir ja nicht "um die Ecke" blicken. Eine Folgerung aus Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie ist aber, dass Masse (viel Masse!) Licht ablenken, den Lichtweg "krümmen" kann. Einstein selbst erkannte bereits 1912, dass eine große Masse ähnlich wie eine optische Linse Licht ablenken kann. Er selbst jedoch glaubte nicht an die Möglichkeit, eine reale "Gravitationslinse" astronomisch zu beobachten. 1979 jedoch entdeckten Dennis Walsh, Robert Carswell und Ray Weymann mit Hilfe des 2,1-Meter-Teleskopes am Kitt-Peak-Nationalobservatorium in Arizona/USA den "Zwillingsquasar" QSO 0957+561A/B. Es stellte sich heraus, dass es sich in Wahrheit um einen Quasar handelt (sehr helles und weit entferntes astronomisches Objekt), von dem wir wegen einer sich zwischen Quasar und uns befindlichen Gravitationslinse zwei Bilder sehen.

Der norwegische Astrophysiker und Kosmologe Sjur Refsdal (1935-2009) war einer der führenden Forscher und Pioniere auf dem Gebiet der Gravitationslinsenforschung. Bereits 1964, also 15 Jahre vor der Entdeckung der ersten Gravitationslinse, fand er eine Methode, um die "Hubble-Konstante" und damit das Alter unseres Universums mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts zu bestimmen. Von 1970 bis 2001 war Refsdal Professor der Hamburger Sternwarte der Universität Hamburg in Bergedorf. Dort leitete er eine Gruppe von Forschern, die auf dem Gebiet der Gravitationslinsenforschung international anerkannte Spitzenforschung betrieb. Refsdal war ein "Anwärter" auf den Physik-Nobelpreis, den er leider nie erhielt. Der Vortrag befasst sich mit allgemeinverständlichen Grundlagen der Gravitationslinsenastronomie und der Geschichte ihrer Erforschung, bei der Sjur Refsdal, seine Gruppe und die Sternwarte Bergedorf eine bedeutende Rolle spielen.



4. Juli 2012
Dr. Detlef Groote (Hamburger Sternwarte)
Der digitale Hamburger Himmel


Das 1m-Spiegelteleskop und die ersten fotografischen Aufnahmen von 1911
Die Hamburger Sternwarte in Bergedorf hat ca. 90 Jahre lang fotografische Aufnahmen des Himmels zum Zwecke astronomischer und astrophysikalischer Forschung genutzt. Die ca. 35.000 Fotoplatten, die Erste aus dem Jahr 1911, sind ein astronomischer Schatz, da jede Himmelsaufnahme ein Zeitzeuge ist und Informationen über Ort, Helligkeit oder den Zustand der Objekte zum Aufnahmezeitpunkt in ihr konserviert sind. Aber auch kulturhistorisch sind die Fotoplatten wertvoll, da sie zusammen mit den Logbüchern eine ganze Epoche astronomischer Beobachtungen mit den sich entwickelnden Techniken belegen. Leider sind doch gewisse Alterungserscheinungen der fotografischen Emulsionen festzustellen. Begünstigt durch die rapide Entwicklung im Bereich von Scannern, PCs und Speichermedien ist es heute möglich, digitale Abbilder dieser Fotoplatten zu erzeugen und ab dann verlustfrei aufzubewahren. Erst durch die Digitalisierung, der Zusammenführung mit den Beobachtungsdaten und deren Bereitstellung im Internet in sogenannten virtuellen Observatorien, wird die Information, zum ersten Mal weltweit, der modernen Forschung und allen interessierten Sternfreunden zugänglich gemacht.
Die Hamburger Sternwarte beabsichtigt die Plattensammlung in einem zeitaufwendigen Projekt mit einem Arbeitsaufwand von ca. 10 Mannjahren zu digitalisieren. Einige 1000 der ersten Fotoplatten aller Teleskope sind bereits digitalisiert und über einen Web-Server (
http://plate-archive.hs.uni-hamburg.de) erreichbar.



18. Juli 2012
Ansgar Korte (Essen, Walter-Hohmann-Sternwarte)
Mit Walter Baade (1893-1960) durch das Weltall -
ein Westfale verdoppelt die Größe des Weltalls


Walter Baade (1893-1960) - rechts Walter Baade am 1m-Teleskop der Hamburger Sternwarte
Walter Baade erhielt nach seiner Promotion in Göttingen (1919) eine Anstellung an der Hamburger Sternwarte (1919-1931). 1920 entdeckte er den Kleinplaneten Hidalgo mit dem 1m-Spiegel. 1926/27 war er Stipendiat in den USA und untersuchte Sternhaufen und Galaxien. 1931 wurde er an die damals größte Sternwarte der Welt nach Mt. Wilson in Kalifornien berufen. Dort entdeckte er den Zentralstern im Crabnebel (Baades Stern) und ein staubfreies Gebiet im Zentrum der Milchstraße (Baades Fenster). Mit Fritz Zwicky prägte er den Begriff "Supernova". 1944 konnte er als Erster das Kerngebiet der Andromeda-Galaxie in Einzelsterne auflösen. 1947 wechselte er nach Mt. Palomar. Er erkannte 1952 die unterschiedlichen Leuchtkräfte der Cepheiden, teilte sie in zwei Populationen ein und verdoppelte damit die Entfernungen im Universum.

Im Vortrag werden die Arbeiten von Walter Baade besonders in den Blickpunkt gerückt. Das Sonnensystem wird kurz gestreift. Die Objekte der Milchstraße werden näher betrachtet, Größen und Entfernungen werden in vorstellbaren Beispielen erahnt, um danach die Objekte des extragalaktischen Raumes hervorzuheben. Zum Schluss stellt sich die Frage nach der Unendlichkeit oder Endlichkeit des Universums.




Neuere Forschungen/Kolloquium seit 1995