Universität Hamburg - Institut für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Technik



Gudrun Wolfschmidt

viertägige naturwissenschafts- und technikhistorische Exkursion


Exkursion nach München Mi 9. bis Sa 12. Dezember 1998
Bericht von Bernd Wolfram

Programm: http://www.math.uni-hamburg.de/math/ign/Info/muench98.html



Unter der Leitung von Frau Wolfschmidt fand im Dezember letzten Jahres eine viertägige Exkursion nach München statt. Das Programm wandte sich insbesondere an interessierte Hörer der Vorlesungen 'Geschichte der Physik II (Renaissance bis 18. Jahrhundert)' und 'Wissenschaftsgeschichte und Museum'.

Am Morgen des 9. Dezember trafen wir uns im Zug nach München und erreichten nach gut fünf Stunden Fahrt unser Ziel. Der erste Weg führte uns in unser Hotel. Danach starteten wir gleich zum Deutschen Museum. Dort besuchten wir das Archiv und wurden durch einen Vortrag von Herrn Dr. Füßl über die Aufgaben des Archivs informiert. Das Archiv sammelt nur die technisch-wissenschaftlichen Dokumente, welche für im Museum behandelte Themen relevant sind, und auch hier nur 'Spitzenprodukte', d.h. Arbeiten von und Informationen über Persönlichkeiten, die besondere Meilensteine in der technischen Entwicklung darstellen.
Am späten Nachmittag ging es weiter zum Stadtmuseum München. Dieses Museum, den meisten Teilnehmern bis dahin unbekannt, zeigt einen Teil der sehr gut rekonstruierten Werkstatt Fraunhofers. Wir sahen Schleif-, Polier- und optische Prüfapparate aus der Zeit um 1800. Auch Werkzeuge für die Glasherstellung waren zu sehen. In einem anderen Teil des Museums war die Geschichte der Photographie dargestellt. Von den Anfängen der Daguerreotypie über die ersten Papierabzugsverfahren waren die Entwicklungsstufen dokumentiert. Dazu natürlich auch Aufnahmeapparate von der Lochkamera bis zu modernen Photoapparaten und den ersten Versuchen, stereoskopische und 'laufende' Bilder zu erzeugen. Die Musikinstrumentensammlung präsentierte eine große Vielfalt außereuropäischer Instrumente. Besonders beeindruckt hat uns das Spiel einer Gruppe junger Musiker auf chinesischen Glocken und Gongs. Den ersten Tag beendeten wir mit einem gemeinsamen bayrischen Abendessen.

Am nächsten Morgen brachen wir früh auf, um rechtzeitig, vor dem großen Besucherstrom, im Deutschen Museum zu sein. Frau Wolfschmidt führte uns durch die 1992 eröffnete Astronomie-Abteilung. Diese sehr beeindruckende Ausstellung überdeckt fast die gesamte astronomische Entwicklung. Besonders lehrreich sind die vom Besucher selbst auszuführenden Experimente, wie z.B. Spektralanalyse, Doppler-Effekt und vieles andere, und die Demonstration von astronomischen Effekten, wie beispielsweise die Aberration des Lichts.
Einen nachhaltigen Eindruck hinterließ auch das Nebeneinander von historischen und modernen Instrumenten. Nicht zu vergessen sind die anschaulichen Modelle, Demonstrationen und Dioramen. Außerdem konnten wir auch die Fernrohre in den beiden Kuppeln des Museums besichtigen. Eigene Beobachtungen ließ das Wetter leider nicht zu.

Nach einem Mittagessen im Europäischen Patentamt erwartete uns Frau Dr. Vaupel zur Führung durch den historischen Teil der Chemie-Abteilung. Wir lernten ein Alchemie-Labor kennen und erfuhren etwas über die erste Porzellanherstellung in Europa, die wir einem Alchemisten zu verdanken haben. Das historische Bild wurde durch die Besichtigung von Laborgeräten aus den Zeiten von Lavoisier und Liebig abgerundet. Als krönenden Abschluß durften wir eine historische Apotheke besichtigen. Die Vielfalt der Kräuter und - zumindest für Nicht-Chemiker - exotischen Substanzen imponierte doch sehr.

Nach so vielen interessanten Eindrücken mußten wir uns ein wenig beeilen, um zu der Hochspannungsvorführung nicht zu spät zu kommen. Hier zischen Blitze durch den Raum, jeder von dem zugehörigen 'Donner' begleitet. Blitzableiter und Bogenlöscheinrichtungen erschienen uns imposant. Respekt empfanden wir für den Mitarbeiter des Deutschen Museums, der sich in den Faraday-Käfig einschließen ließ und keine Miene verzog, als der Käfig mit Hochspannungsblitzen überzogen wurde.
Nach dem Erlebnis der elektrischen Entladungen wurde die Rekonstruktion der Altamira-Höhle mit altsteinzeitlichen Bildern bestaunt. Zum Abschluß dieses Tages wollten wir der Physik-Abteilung noch einen kurzen Besuch abstatten. Dieser wurde jedoch abrupt beendet, weil das Licht verlosch. Nachdem wir dann doch den Ausgang gefunden hatten, wurden die Erlebnisse und Eindrücke des Tages beim gemeinsamen Abendessen intensiv diskutiert.

Am dritten Tag fuhren wir nach Nymphenburg, um im dortigen Schloß das Museum 'Mensch und Natur' zu besuchen. Hier erlebten wir eine informative Ausstellung über die Entwicklung der Erde und des Lebens. Fast vollständig interaktiv ist ein Sonderteil dieser Ausstellung, der sich mit unserer Umwelt befaßt. Man kann Pflanzen und Tiere sowie deren Lebensräume durch eigene Aktivität mittels Frage und Antwort kennenlernen.

Am frühen Nachmittag waren wir im Siemens-Museum verabredet. Hier dokumentiert die Firma Siemens die historisch-technische Entwicklung im eigenen Hause. In einer eineinhalbstündigen Führung erhielten wir vom Zeigertelegraphen über die Bahntechnik und die Entwicklung der Beleuchtungstechnik bis zum dynamo-elektrischen Prinzip, welches Werner von Siemens entdeckte, einen Überblick über die Entwicklung der Elektrotechnik.
An den Besuch im Firmen-Museum schloß sich ein kleiner historischer Stadtrundgang an. Wir sahen das Liebig-Denkmal, das Haus von Fraunhofer und Utzschneider sowie die Universität. Hier hatte Max v. Laue sein Labor, und A. Sommerfeld arbeitete hier. Auch die Geschwister Scholl studierten an dieser Universität. Auf dem Münchner Südfriedhof waren die Gräber von O. v. Miller, Ohm, Fraunhofer und viele andere zu besichtigen. Zum Abschluß des Stadtrundgangs sahen wir noch das Haus, in dem Einstein während seiner Münchner Zeit lebte. Auch dieser Tag klang mit einem gemeinsamen Abendessen aus.

Den letzten Tag unseres Aufenthalts nutzten wir, um im Deutschen Museum individuelle Schwerpunkte anzusehen. Um 17 Uhr trafen wir uns wieder auf dem Münchner Hauptbahnhof, um nach Hamburg zurückzufahren. Während der Fahrt wurde über die vielfältigen technischen Eindrücke intensiv diskutiert, und wir waren uns darin einig, daß es eine sehr interessante und eindrucksvolle Exkursion war, die uns Frau Wolfschmidt vermittelt hat, wofür wir Ihr sehr danken.


Die Exkursionsteilnehmer
im Siemensmuseum München




Gudrun Wolfschmidt Hamburg, 30. Juni 1999